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Salar de Uyuni

Von La Paz ging es um 22 Uhr mit dem Nachtbus weiter nach Uyuni, einer kleinen Stadt am Rande der bolivianischen Salzwüste. Der Bus war überraschend Komfortabel und mit Hilfe einer Schlaftablette habe ich tatsächlich mehr oder weniger die Nacht durchgeschlafen, bevor ich nach 10 Stunden gegen 8 Uhr am Busterminal ankam. Von dort machte ich mich auf den Weg, um nach einem Café zu suchen, in dem ich mit Hilfe von W-Lan eine Unterkunft finden wollte. Uyuni ist bekannt für seine Touren durch die Salzwüste und so wollte ich mich einen Tag ausruhen, bevor ich mich auf den 3-Tages-Trip begab. Allerdings kam es dann doch etwas anders, denn schon 20 Meter nach dem Terminal wurde ich von einer Dame in ein Reisebüro gelotst, in dem mir eben eine dieser Touren angeboten wurde. In La Paz hatte ich mit zwei anderen Reisenden gesprochen, die meinten, dass sie beide ca. 200 - 250 $ gezahlt hatten. Als mir dann die nette Dame im Reisebüro die gleiche Tour für 130 $ angeboten hat, konnte ich natürlich nicht nein sagen. Der Haken: Die Tour startete bereits zwei Stunden später. Und das nach einer Nacht im Bus…

 

Aber was macht man nicht so alles und so bezahlte ich, nahm noch ein bescheidenes Frühstück in einem Café in der Nähe zu mir und machte mich auf den Weg zum Treffpunkt. Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch überhaupt nichts über das, was mir die nächsten Tage bevorstand und vor allem nicht, dass ich drei Tage kein Netz haben würde. Das wäre auch gar nicht so schlimm, allerdings wusste einfach keiner, wo ich mich herum treibe und ich konnte niemandem Bescheid sagen, dass ich in der Wüste bin. Und dann ging es auch schon los. Die Reisegruppe bestand aus Dani, dem bolivianischen Fahrer und Guide, Andrea und André, eine Brasilianerin mit ihrem 16-jährigen Sohn und drei brasilianischen Brüdern, deren Namen ich mir nicht merken konnte. Mein Spanisch war nach dem des Guides das beste und mit Englisch brauchte ich gar nicht erst anfangen, das hat da nämlich gar keiner verstanden. Aber die Gruppe war dennoch ganz entspannt und nett und so machten wir uns auf den Weg. Unsere Reiseroute habe ich übrigens als Karte unten in den Bildern angefügt. 

 

Der erste Stopp war ein Eisenbahnfriedhof, an dem alte Züge deponiert waren, die einstmals für den Transport von Salz dienten. Der Ort ist ein echter Lost-Place, aber mittlerweile recht verseucht von Touristen. Gerade an dieser Stelle hält grundsätzlich jede Tour ab Uyuni, was dazu führt, dass locker 300 Leute dort waren, als wir hielten. Je weiter man seines Weges geht, desto weniger Leute sind noch dabei, denn die Tour länge geht von einem Tag bis hin zu sieben. Je weiter man also fährt, desto weniger Leute folgen. Am zweiten und dritten Tag waren es noch rund zehn Geländewagen, die die gleiche Route hatten wie wir, was ja grundsätzlich entspannt ist. Allerdings schaffen die es dann auch genau in den gleichen zehn Minuten immer an den gleichen Sehenswürdigkeiten zu halten, was etwas nervig ist, weil es ein unnötiges Gedränge verursacht. Würden die Veranstalter die Touren einfach immer um fünf Minuten versetzt starten, würde sich dieses Problem komplett erübrigen.

 

Während ich dachte, dass wir drei Tage in der Salar - so nennen die Bolivianer die Salzwüste - unterwegs sind, beschränkte sich unser Aufenthalt dort lediglich auf den ersten Tag. Wir hielten zuerst am Hotel de Sal, ein Gebäude, das aus Salzblöcken errichtet wurde und nahmen dort unser Mittagessen zu uns. Als Bauingenieur finde ich es immer wieder interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Materialien sind, aus denen verschiedene Völker ihre Gebäude bauen. Hier war es Salz, die Wüstenvölker nutzen oft Lehm und Ton, in Asien ist Bambus ein immer häufiger verwendeter Baustoff und wenn ich zurück denke an meine Perureise, so gab es da die Uros af dem Titikakasee, die Schilf als schwimmendes Fundament für ihre Strohhütten nutzten. 

 

Die Salar ist ein ehemaliger Salzsee auf einer Höhe von 3’653 m, der vor über 10’000 Jahren austrocknete und zur Hochebene der bolivianischen Anden gehört. Die Salzkruste ist bis zu 12 m dick und in der Regenzeit bildet sich immer wieder ein dünner Wasserfilm auf der Oberfläche, der den Eindruck eines riesigen Spiegels vermittelt. Die meisten kennen vermutlich die Bilder der Salzwüste in diesem Zustand, der uns leider dieses Mal verwehrt blieb. Als wir in den Salzweiten standen war keine Spur von Wasser zu sehen. Allerdings ist der Ort auch in diesem Zustand beeindruckend!

 

Nach dem Hotel de Sal ging es weiter zum Fotoshooting in der Salzwüste, in dem wir gezwungen wurden, die gleichen albernen Bilder mit Dinosauriern, Bierdosen etc. zu machen, wie schon Tausende Touristen vor uns. Ich glaube wäre ich nicht allein gewesen, dann kann das ganz lustig sein, Bilder mit der Perspektive zu kreieren. Wenn ich an zwei Freunde von mir zurück denke, die das damals zusammen gemacht haben, dann bleibt mir ein Bild in Erinnerung, in dem der eine in der Hocke sitzt und der andere aus seinem Allerwertesten fällt… Etwas kreativer, als vor einem Spielzeugtyrannosaurus davon zu laufen. 

 

Der nächste Stopp war die “Insel” Incahuasi, eine felsige Erhöhung in der ansonsten flachen, weissen Salzwüste. An den steinigen Wegen wuchsen riesige Kakteen und man hatte einen guten Blick über die unendlichen Weiten des Salzes. Wenn man von oben auf die Grenze zwischen Insel und Wüste schaute, sah es tatsächlich so aus, als wäre es ein Strand, an dem das Wasser aufläuft. Incahuasi war unser letzter Stopp für den Tag und so machten wir uns danach auf den Weg zu unserer Unterkunft, dem einfachsten Hostel, das mir auf meiner Reise bisher begegnet ist. Auch das Hostel hatte Wände aus Salzblöcken und anstatt eines festen Bodens war überall Salz verstreut, was mir den Eindruck gab, in einem Katzenklo zu laufen. Das Essen war gerade so geniessbar, Internet gab es keins und für die Dusche und Toilettenpapier musste extra gezahlt werden. Dafür gab es dann aber auch kein warmes Wasser…

 

 

Am nächsten Morgen ging es weiter. Erstmal zwei Stunden mit dem Auto, bis wir zur ersten Lagune des Tages kamen. Die Namen der Lagunen könnt ihr auf der Karte sehen, weshalb ich sie nicht mehr alle extra erwähne. An jeder Lagune gab es Flamingos und ehrlich gesagt war das bolivianische Hochland der letzte Ort, an dem ich die bunten Vögel erwartet hätte. Wir hangelten uns von Lagune zu Lagune, die sich alle auch recht ähnlich waren, bis wir an einer von ihnen wieder unser Mittagessen zu uns nahmen. Von dort aus ging es dann weiter und das Land entwickelte sich immer mehr in eine trostlose Wüste. Durch meine langen Beine hatte ich mir den Platz auf dem Beifahrersitz unseres Nissan Patrols gesichert und konnte den Blick über die unendlichen Weiten der Wüste geniessen, während unser Fahrer uns sicher über die Flächen manövrierte. Strassen gab es grundsätzlich keine, lediglich Spurrillen von vorherigen Fahrzeugen. 

 

Der nächste Stopp auf unserer Reise war der Arbol de Piedra (Steinbaum), an dem wir einige Minuten hielten. Keine fünf Minuten daneben war  eine Steinformation, die für mich mit am eindrücklichsten War. Auf den rötlichen Steinen, die wie Schichten von Keksen aussahen, tummelten sich einige Vizcachas (Hasenmäuse, s. Bilder), die sich erstaunlich nah an uns heran wagten. Lag aber vermutlich daran, dass sie gewöhnt waren, von Touris gefüttert zu werden. Ich erkletterte das Steingebilde und schoss einige Fotos von der Konstellation der Felsen im Zusammenspiel mit den grünen und orangenen, algenartigen Pflanzen. Danach ging es auch schon wieder weiter zur Laguna Colorada. Diese Lagune hat ihren Namen durch die verschiedenen Farben erhielt, die je nach Sonneneinstrahlung zu erkennen sind. Weiss, durch die Boraxanreicherungen, schwarz, durch das Vulkangestein und rot durch die Algen, die sich im seichten Gewässer befanden. Die Lagune war unser letzter Stopp, bevor wir uns in unser ca. 4’800 m hoch gelegenes Hostel begaben. Das Hostel war auch recht schlicht, aber meiner Meinung nach um einiges besser als das vorige. 

 

Meine Nacht war allerdings bei weitem nicht so angenehm, denn die Sonne und die Höhe der letzten Tage machten mir wirklich zu schaffen. Kurz vor dem Einschlafen setzten bei mir Kopfschmerzen ein, die mir die ganze Nacht keine Ruhe lassen wollten. Auch das Atmen fiel mir zunehmend schwerer und da ich wusste, dass wir am nächsten Morgen nochmal gut 800 Höhenmeter aufsteigen würden, wollte ich eigentlich keine Schmerzmittel nehmen. Die Höhenkrankheit ist definitiv nichts, mit dem man leichtsinnig umgehen sollte und wenn man seine Schmerzen mit Medizin eindämmt und weiter nach oben geht, läuft man Gefahr, dass  der Körper eine Verschlechterung des Zustands nicht wahrnimmt. Ich schlief also keine Minute in dieser Nacht und als wir um 4 Uhr wieder aufstanden konnte ich vor Übelkeit und Kopfschmerzen auch nichts frühstücken. Ich beschloss entgegen aller Vernunft eine Ibuprofen zu nehmen und meine Pillen gegen die Höhenkrankheit. Diese hätte ich bereits vorher nehmen sollen, aber da ich nicht klar denken konnte, bin ich nicht früher darauf gekommen. Nach einer guten halben Stunde ging es mir etwas besser und wir machten uns auf den Weg zu einigen Geysiren, die wir bei Sonnenaufgang anschauen wollten. 

 

Der Schwefelgeruch beherrschte die Luft, als wir in der Kälte aus dem Auto stiegen, um die natürlichen Dämpfe zu begutachten. In den Löchern der Geysire brodelten Schwefel-Schlamm-Gemische und die weissen Ausdünstungen sahen in der Morgensonne wirklich cool aus! Wir genossen das Spektakel eine gute halbe Stunde, bevor wir uns wieder auf den Weg zur Laguna Salada machten, wo die Möglichkeit bestand, in heissen Quellen schwimmen zu gehen. Da es mir nicht gerade prickelnd ging und ich noch nichts gegessen hatte, beschloss ich allerdings lieber etwas im kleinen Café zu essen, während die anderen ihre Füsse ins Wasser hielten. Nach den Thermalquellen ging es weiter in die Wüste des Salvador Dali (Desierto de Dali). Diese hat seinen Namen tatsächlich deshalb bekommen, weil sie aussieht, wie einige Gemälde des spanischen Künstlers Salvador Dali, der in letzter Zeit durch die Serie Haus des Geldes bestimmt nochmal ein bisschen mehr in Erinnerung zurück gerückt ist. 

 

Nach der wüste hielten wir nochmal an zwei Lagunen und von dort aus ging es dann für mich weiter an die chilenische Grenze, während meine Reisegruppe sich auf den Rückweg nach Uyuni begab. Wir verabschiedeten uns und nach einer Einladung nach Brasilia und São Paolo liessen sie mich am Grenzposten zurück. Das Zollgebäude der bolivianischen Seite war wortwörtlich im Nichts der Wüste. Kilometerweit im Umland gab es nichts ausser Sand und vielleicht mal einige Vicuñas (Familie der Lamas). Gott sei Dank hatte ich vorher schon einen Transport gebucht, denn ohne Handynetz ist man an diesem Ort wirklich aufgeschmissen. Also emigrierte ich aus Bolivien heraus, stieg in meinen Shuttle-Bus und von dort aus sollte es weiter gehen in das 45 Minuten entfernet San Pedro de Atacama. Allerdings mussten wir vorher noch das Gebäude der chilenischen Behörden durchqueren und das sollte etwas länger dauern… Erst standen wir eineinhalb Stunden mit dem Bus in einer Autoschlange von ca. zehn Fahrzeugen in mitten der Atacama-Wüste. Und als wir dann endlich in das Gebäude hinein gelassen wurden, verstand ich auch wieso. Die Immigration teilte sich auf in zwei Schritte. Erstens musste man sich den Stempel abholen und zweitens musste man das Gepäck auf organische Waren und zu verzollende Gegenstände scannen lassen. Soweit so gut. Allerdings konnte Schritt zwei gemäss der Behörden erst dann beginnen, wenn alle 20 Passagiere mit Schritt eins durch waren. Nebenbei lief laute Housemusik und die Grenzbeamten machten keine Anstalten ihre Prozesse zu beschleunigen. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde waren dann endlich alle 20 Passagiere unserer Shuttles eingebürgert und wir konnten endlich unsere Reise fortsetzen. Dieser Grenzübergang - auch wenn unkompliziert - war so ziemlich der merkwürdigste, den ich jemals erlebt habe. In mitten von Nichts, mit einer Ineffizienz, die ihres gleichen sucht. Aber ich hatte es geschafft und bin nach einer der coolsten Touren meiner Reise endlich in Land 12 angekommen: Chile!

 

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